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Der FoeBuD – kein Facebook, kein Livestream

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padeluun

© Veit Mette, Bielefeld

 

Teil I der Reihe Social Media für Organisationen

Facebook, Twitter, Livestream, Flickr, Wikis, Etherpads … Welche Werkzeuge des Web 2.0 benutzen Organisation zur Kommunikation für ihre Konversation mit der Öffentlichkeit? In einer neuen Reihe zur institutionellen Kommunikation von Bildungsorganisationen stellen wir Fallbeispiele aus der Praxis vor. Im ersten Teil schildert der Bürgerrechts- und Datenschutzverein FoeBuD e.V. seine Kommunikationsstrategie.


Profil

Der Bielefelder Verein FoeBuD e.V. setzt sich seit fünfzehn Jahren für Bürgerrechte und Datenschutz ein. Er veranstaltet Vortragsreihen und organisiert Protestaktionen etwa gemeinsam mit dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Er richtet jährlich die BigBrotherAwards Deutschland gemeinsam mit anderen Organisationen aus.

Seine Gründer und Sprecher Rena Tangens und padeluun werden regelmäßig zu Veranstaltungen, Radio- und Fernsehsendungen eingeladen. Beide agieren unter ihren Künstlernamen. padeluun wurde von der FDP als Sachverständiger für die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Bundestags benannt. Die Arbeit wird gefördert von der Stiftung bridge sowie zahlreichen Spendern.

Zielgruppe

Die treue Zielgruppe des Vereins besteht aus netz- und datenschutzaffinen Menschen. Der FoeBuD will verstärkt Menschen aus der Mitte der Gesellschaft ansprechen sowie Entscheider in Politik und Industrie. Das Ziel beschreibt padeluun so: „Wir wollen die Mittelschicht weiter unterrichten und erreichen, wobei wir uns an gebildete Menschen richten.“

Allgemeine Überlegungen zum Kommunikationskonzept

padeluun ist der Ansicht, dass im Internet die Gefahr besteht anzunehmen, dass man alle Interessierten erreichen könne und dass alle in etwa gleich denken. Dabei werde leicht ausgeblendet, wie viel andere Interessen und Positionen es gibt. Anders als im Fernsehen fände kein Zappen zwischen verschiedenen Inhalten statt, da man sich bereits während des Abonnierprozesses für die Protagonisten entschieden hat, die thematisch nahe stehen.

Aus diesem Grund verfolgt der FoeBuD von Anfang an eine Kommunikationsstrategie, die ausdrücklich auch außerhalb des Netzes stattfindet. padeluun: „Wir wussten schon sehr früh, dass die Online-Medien nicht ausreichen, dass vieles auf Papier gemacht und in andere Bereich und Kreise geht. Wir müssen in der realen Welt arbeiten, die neuen Medien können immer nur unterstützend sein.“ Der FoeBuD spreche daher von einer „lebenswerten vernetzten Welt“ mit Schnittstellen nach draußen. Die Menschen müssten zusammengebracht werden – das werde manchmal vergessen, habe aber trotzdem seine Wirkung und Wichtigkeit.

Digitale Werkzeuge

Über seine Aktivitäten informiert der FoeBuD regelmäßig in Rundbriefen und E-Mail-Newslettern. Er gibt Pressemitteilungen heraus und informiert über seine Website und Twitter. Er entwickelt unterschiedliche Aufklärungsmaterialien und Datenschutzprodukte, die er über seinen Shop und auf Veranstaltungen vertreibt. Der Verein benutzt Facebook bislang aus Datenschutzgründen nicht.

Twitter

Der FoeBuD betreibt seit 2009 einen Twitter-Account. Hauptsächlich wird er dafür benutzt, Pressemitteilungen und andere offiziellen Informationen des FoeBuD zu verbreiten. Getwittert wird in der dritten Person. Inzwischen hat der FoeBuD jemand eingestellt, der aus dem Blog „Mädchenmannschaft“ bereits über reichlich Social-Media-Erfahrung verfügt. Sie wird gemeinsam mit Rena Tangens und padeluun den Account führen. Es gibt noch keine Entscheidung für eine bestimmte Twitter-Strategie, etwa die verschiedenen Twitterer mit Namenskürzeln zu identifizieren. Als vorbildlich empfindet padeluun das Kommunikationskonzept der Deutschen Bahn für den Account @db_bahn, über den servicerelevante Fragen von einem Team mit Namenskürzeln beantwortet werden.

padeluun und Rena Tangens betreiben auch persönliche Accounts. padeluun richtete seinen zu einer Zeit ein, als er oft auf Parteitagen war. Twitter nutzte er, um sich auf den Veranstaltungen über Direktnachrichten rasch mit anderen abzusprechen. Auch während der Sitzungen der Internet-Enquete twitterte er anfangs viel, doch nicht alle Mitglieder der Enquete fanden es gut, dass Diskussionen nach außen getragen wurden. Inzwischen twittert padeluun zurückhaltender und verwendet seinen Account gezielt für Statements und Antworten. Seine Tweets werden auch von der Presse aufgegriffen.

Auf Drängen anderer FoeBuD-Mitglieder richtete padeluun einen identi.ca-Account ein, auf dem eine Weiterleitung auf Twitter eingerichtet wurde. Identi.ca ist ein Open-Source-System und gilt daher anders als Twitter als unternehmensunabhängig.

Video und Weböffentlichkeit

Der FoeBuD zeichnet die Public-Domain-Veranstaltungen per Video auf, veröffentlicht die Aufnahmen jedoch bewusst nicht im Web. Padeluun: „Wir wollen den Medienbruch nicht. Es macht einen Unterschied, ob man 50 Leuten etwas erzählt oder der ganzen Welt.“ Bei einem eingeschränkten Zuhörerkreis müsse man nicht druckfrisch, sondern könne man auch locker reden. „Man braucht unbedingt auch einen Vertrauensraum“, meint padeluun. Diesen habe man aber nicht „wenn die Heckenschützen aus dem Netz gleich alles abknallen.“ Es sei zwar wichtig,  dass Prozesse durchschaubar sind, aber dafür müsse man nicht permanent wissen, wie wer redet. Wie man sinnvoll und zielgerichtet mit den Netzen kommunizieren kann, sei die entscheidende Frage. Sie zu beantworten, werde aber noch etwas dauern.

CMS und Mitgliederverwaltung

Das Digitalkonzept des FoeBuD konzentriert sich zurzeit darauf, die Grundlagen für eine größere Organisation zu legen. Dazu gehört beispielsweise, dass der Verein von einer selbst geschriebenen Acces-Datenbank auf ein Content-Management-System (CMS) umsteigen wird, das er sukzessive an die eigenen Bedürfnisse anpassen wird. Dabei ist noch nicht klar, für welches CMS sich der Verein entscheiden wird.

Als „klare Fehlentscheidung“ bezeichnet padeluun die frühere Entscheidung, das Open-Source-CMS Plone für die Website zu nehmen. Die Software wurde von keiner größeren Entwickler-Community unterstützt und blieb daher in einem „rudimentären Entwicklungsstadium stehen. Der Verein hatte jedoch keine Mittel, sich die entsprechende Kompetenz für eine Weitentwicklung der Software zuzukaufen.

Die Entscheidung für eine bestimmte CMS-Software soll sich daran orientieren, ob sie mit dem Mitgliederverwaltungssystem CiviCRM harmonieren wird. Der FoeBuD versucht auch gemeinsam mit einigen anderen Organisationen wie etwa der deutschen Organisation von Oxfam die Anpassung der Software an die Anforderungen des deutschen Rechts- und Steuersystems zu organisieren. Der FoeBuD beschäftigt seit Anfang 2011 einen Programmierer, der für die Software ein so genanntes „Finanzzentrum“ entwickelt hat, das sich basierend auf der Programmiersprache „Ruby on Rails“ plattformunabhängig über einen Browser bedienen lässt. Damit können gegenüber dem Finanzamt Spendeneinnahmen nachgewiesen und Spendenquittungen verschickt werden.

Der Shop

Der Verein verwendet für seinen Online-Shop eine Software, mit der er nicht zufrieden ist. Unter anderem berechnet sie die Mehrwertsteuer immer wieder falsch. Mit 7 Prozent etwa werden nicht nur Bücher berechnet, sondern auch alle Produkte aus dem Zweckbetrieb. Dabei handelt es sich um Handelsbetrieb, der direkt mit dem Zweck des Vereins verbunden ist. Außerdem gibt es Produkte, die zu 19 Prozent versteuert werden, da sie mit dem Zweckbetrieb nichts zu tun haben. Die Berechnung der Steuer ist jedoch mittlerweile kein Problem mehr, da die Rechnungen inzwischen über das „Finanzzentrum“ verschickt werden. Mit der Entscheidung für das neue CMS wird sich auch die Software für den Online-Shop ändern.


Creative Commons Lizenzvertrag Dieser Artikel steht unter der CC-by-Lizenz (mehr dazu). Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden: CC-by-Lizenz, Autor: Christiane Schulski-Haddouti für pb21.de.

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